Lobby verzweifelt gesucht!

Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, aber die schwarz-gelbe Bundesregierung scheint von Kniefällen vor jeder nur verfügbaren Lobby noch lange nicht genug zu haben.

Erst heute wird aus Berlin stolz verkündet, dass man die größten Energieverschwender unter den hier angesiedelten Unternehmen nun doch nicht, wie es verständlich wäre, mehr an den von Ihnen indirekt angerichteten Umweltschäden beteiligen wird. Stattdessen wird energieintensiven Betrieben die Ökosteuer auch weiterhin um bis zu 95% erlassen – quasi als Dank dafür, dass sie so viel Strom und Rohstoffe verschwenden.

Das hinterlässt natürlich ein Loch im Haushalt. Und wie stopft jede Bundesregierung der letzten 50 Jahre diese Löcher, wenn sie nicht die belasten möchte, die genug Geld haben? Richtig, sie erhöht die Tabaksteuer. Bei Zigarettenherstellern (die mit dem Anstieg um 4 bis 45 Cent sehr zufrieden sind) mag das anders aussehen, aber (Verb-) Raucher haben hierzulande schließlich keine Lobby.

Fassen wir also zusammen: reichen Hoteliers senkt man die Mehrwertsteuer, den Ärmsten des Landes streicht man das Elterngeld, der Pharmalobby werden unliebsame Kontrollorgane vom Hals geschafft, Wohngeldempfänger verlieren den Heizkostenzuschuss, den milliardenschweren Energiekonzernen wird ohne Konzept zur Entsorgung des Atommülls eine Laufzeitverlängerung für Ihre Kraftwerke geschenkt, ohne im Gegenzug auch nur die Brennelementesteuer zu beschließen!

CDU und FDP rechtfertigen die wirr und hilflos erscheinende Kehrtwende von Öko- zu Tabaksteuererhöhung mit dem Erhalt hunderttausender Arbeitsplätze. Auch dieses Schema kennt man bereits: mit dem Ausstieg konfrontiert drohten die Atomkonzerne mit horrend steigenden Strompreisen. Beweise für diese Szenarien wird man auch dieses Mal schuldig bleiben, aber das Schreckgespenst Arbeitslosigkeit zieht scheinbar auch in Zeiten einer galoppierenden Konjunktur.

Steffen Seibert und Angela Merkel © Foto: nordbayern.de / dpa

Verkündet wird das Ganze von einem Steffen Seibert, der vor seinem unheiligen Dasein als Regierungssprecher noch die Aufgabe hatte, solche Machenschaften als das zu benennen, was sie sind: verlogen und gegen die Interessen von Land und Leuten.

Willkommen im Kanzleramt – Gewissen und Anstand sind an der Garderobe abzugeben.

Vor welcher Lobby hat diese Regierung also noch nicht die Beine breit gemacht? Mir fallen nicht viele ein. Aber wie man Westerwelle, Merkel und Co kennt, werden sie uns in ihrer verbleibenden Regierungszeit sicher noch das ein oder andere Mal überraschen.

Nachtrag vom 27. Oktober: Das ging ja schneller als gedacht! Als wäre die Umverteilung von Rauchern hin zur Stahlindustrie & Co. nicht unsozial genug, scheint die Koalition jetzt eine Steuer contra alkoholtrinkende Deutsche und pro Fluglinien zu planen.


Jens Berger war wieder einmal schneller, aber der hat ja bekanntlich auch keinen Job. ;) Sein Artikel zum Thema heißt Rauchen für die Schwerindustrie.